110 Jahre alt wäre André Kostolany im Februar 2016 geworden. Bereits zu seinen Lebzeiten galt er als Börsenlegende. „Die Kunst über Geld nachzudenken“ ist das letzte Vermächtnis des 1999 in Paris verstorbenen Ungarn.
Darum geht es: Mit Witz, Ironie und der Börsenerfahrung von Jahrzehnten spürt Kostolany der Faszination des Geldes nach. Gespickt mit zahlreichen Anekdoten erklärt er die Geheimnisse und Tricks der Spekulanten – und nennt die wichtigsten Faktoren für den Erfolg an der Börse. Manche Anleger halten seine Ideen heute für veraltet. Zu sagen aber hat er immer noch etwas.
Die Botschaft: Börse ist Psychologie. Trotz aller Theorien und Analysen und der Digitalisierung und Systematisierung des Börsengeschehens betont Kostolany, dass der Einfluss der Psychologie gar nicht überschätzt werden kann. Selbst heute, 15 Jahre nach Erscheinen des Buches und angesichts eines vollautomatisierten Computerhandels würde Kostolany vermutlich darauf pochen, dass der Erfolg an der Börse vor allem davon abhängt, die kleinen und großen Zusammenhänge zu erkennen und massenpsychologische Entwicklungen richtig einzuschätzen.
Die Erkenntnis: Geschichte wiederholt sich. Börsengeschichte zumindest. Es ist alles schon mal da gewesen: Krise und Boom, Übertreibung und Ernüchterung, Rekordjagd und Verkaufswelle, Schuldenspirale, Geldflut, Inflation, Deflation, Bankencrash und Wachstumseuphorie. Heute blicken Anleger mit Sorgen auf China, auf den Ölpreisverfall, auf die Schuldenkrise in Europa, auf die Flutung der Märkte mit Notenbankgeld und auf Kriege und Konflikte. Viele schrecken angesichts all dieser Krise vor der Börse zurück. Für diese Menschen hat Kostolany eine beruhigende Einsicht: Turbulent war es an der Börse immer schon - und am Ende ging es mit den Kurse stets bergauf.
Das Geheimnis: Langfristigen Erfolg an der Börse haben die Hartgesottenen. Ihre Gewinne bezahlen die Zittrigen. So nennt Kostolany die beiden Kategorien von Börsianern. Hartgesottene unterscheiden sich durch die vier G von den Zittrigen: Geld, Gedanken, Geduld und auch Glück.
Die Enttäuschung: Für die Hartgesottenen hat Kostolany eine Binsenwahrheit parat: Aktien sollten am Beginn einer Aufwärtsbewegung gekauft und am Beginn einer Abwärtsbewegung verkauft werden. Genau das ist aber die große Kunst, an der so viele Kleinanleger scheitern. Sie steigen zu spät ein und zu früh aus (oder auch zu spät) und darunter leidet die Rendite. Kostolany würde urteilen: Das sind dann eben die Zittrigen.
Das fehlt: Wie gerne hätte man gelesen, was Kostolany zur aktuellen Finanzkrise gesagt hätte, zur Nullzinspolitik, zur Deflationsgefahr. Mit amüsanten Anekdoten hatte er wahrscheinlich selbst den größten Börsenturbulenzen der vergangenen Jahre den Schrecken genommen und Anlegern das Gefühl gegeben: Trotz allem, Spekulationen an der Börse lohnen sich.
Das bleibt: Wer „Die Kunst über Geld nachzudenken“ gelesen hat, weiß anschließend zwar immer noch nicht, welche Aktien ein gutes Geschäft versprechen. Dafür aber lässt sich so manches Börsengeschehen besser einordnen. Und klar wird: Wer an der Börse spekulieren möchte, der braucht nicht nur Geld, Gedanken, Geduld und Glück. Hilfreich sind zudem Mut und ein wenig mehr Gelassenheit.
Die Kunst, über Geld nachzudenken
von André Kostolany
Ullstein Taschenbuch
April 2015
240 Seiten
9,99 Euro (Taschenbuch)